Schule im Blickpunkt 6/2023-24
Vorwort von Sebastian Kölsch, Vorsitzender des Landeselternbeirates
Liebe Leserin, lieber Leser,
Das Schuljahr neigt sich dem Ende entgegen. Und selten war ein Schuljahr bildungspolitisch derart aufregend. Während ich diese Zeilen schreibe, ist es ziemlich genau ein Jahr her, dass Ministerpräsident Kretschmann unvermittelt mit der Idee des Bürgerforums zu G8 und G9 um die Ecke kam. Es war für uns als frisch gewählter 20. Landeselternbeirat ein Sprung ins kalte Wasser als unvermittelter Auftakt unserer Amtszeit.
Heraus kam eine Bildungsreform. Oder besser: ein Bildungsreförmchen, zusammengeschustert aus verschiedenen Versatzstücken quer durch alle Bildungsgebiete.Trotz Koalitionsvertragsgebot, fünf Jahre keine Strukturdebatten führen zu wollen, sah dieses Schuljahr somit eine Art blitzartigen Rundumschlag. Von frühkindlicher Bildung bis zum Gymnasium hat man von allem und für alle ein bisschen reingetan, mit dem schwarzen Löffel und der grünen Gabel ein bisschen vermischt und heraus kam etwas, mit dem die Koalition offenbar leben kann, und die Schülerinnen und Schüler künftig leben müssen.
So richtig gut ist es nicht geworden. Aber – so hat man den Eindruck – so richtig gut findet es auch im Landtag keiner. „Koalitionskonsens statt Allianzansatz“ schrieben wir in der letzten Ausgabe der Schule im Blickpunkt, denn hier ging es nicht zuallererst um die Bildung, um die Schulen, um die Kinder, sondern eher um den Koalitionsfrieden vor der Landtagswahl. Das ist der Wermutstropfen des Schuljahres, bei aller Bewegung, die plötzlich entfacht wurde: Das Primat der Politik sollte im Schulwesen nichts zu suchen haben, auch wenn Bildung den Hauptteil der Landespolitik-Kompetenz ausmacht.
Was das Bildungspaket von Grün-Schwarz ausspart: Den großen Wurf neben dem Gymnasium.Dabei war genau ein solcher auch vom Bürgerforum angemahnt worden. Und genau ein solcher wäre auch der perfekte Aufhänger für die Bildungsallianz gemeinsam mit SPD und FDP gewesen. Da dies aber in der Kürze der Zeit der Politik nicht möglich war und die Währung der Politik nun einmal eher Schnelligkeit als Gründlichkeit ist, haben sich nun Wissenschaftler und Schulpraktiker mit dieser Fragestellung befasst. Wie machen wir dem in weiten Teilen profillos zerklüfteten Nebeneinander von drei verschiedenen nicht-gymnasialen Schularten den Garaus und schaffen etwas Besseres? Der Vorschlag einer neuen Sekundarschule, nur 12 Jahre nach Einführung der Gemeinschaftsschule im Land, ist bemerkenswert. Nicht nur deshalb, weil gefühlt alle bei der Präsentation in der Robert-Bosch-Stiftung waren – nur nicht das Kultusministerium.
Nun kann man an einem lebenden, komplexen System wie dem Schulwesen nicht ganz so einfach herumoperieren. Aber wenn graduelle Veränderungen seit Jahren nichts bis zu wenig bringen: Wäre es dann nicht einmal Zeit für den großen Schnitt, für etwas grundlegend Änderndes, für eine Flucht nach vorn? Sich ernsthaft mit dieser Idee auseinanderzusetzen, halte ich für das Gebot der Stunde. Für unsere Kinder!
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